(Weissensee-Verlag 2019. ISBN 978-89998-308-1. 395 S. € 59,60)
Der Philosoph Andreas Gauger, dem zwei bedeutende Veröffentlichungen zum Wesen der Mystik des Theosophen Jacob Böhme zu verdanken sind, legt mit "An den Grenzen des Denkens oder: Philo-Sophia perennis I" den ersten Band seines Hauptwerkes zur Ewigen Weisheit vor. Der Titel der Arbeit ist Programm: über vierhundert Seiten bewegt sich der Autor mit enormem Kenntnisreichtum und beispielloser Gründlichkeit an den Grenzen des Denkens über das Undenkbare – an den Grenzen des philosophisch bereits Gedachten und des "philo-sophisch" neu zu Denkenden. In Gaugers Worten: "'Philo-Sophia' bedeutet eine trans-rationale Erweiterung der Philo-Sophie. Sie ist mit einem wissenschaftlichen Instrumentarium allein nicht zu beschreiben (weil sie das transzendente Wesen der Unendlichkeit(en) berücksichtigt. Sie ist (im Ergebnis und als solche) keine Wissenschaft (mehr)! Sie denkt das Denken als das Seyn des Seins (den Grund) und bezieht das "Nichts" mit ein. Sie ist eine "Weisheit" und kein Wissen! Sie eröffnet die "Freiheit zum Grunde". Sie enthält eine religiöse Komponente. Man findet sie in allen Religionen und Kulturen der Erde. Sie weist eine stufenförmige Entwicklung (Klimax) auf – wobei jede "Stufe" der Erkenntnis eine je eigene Dimension und/oder Mächtigkeit besitzt. Sie zeigt sich nur den Einzelnen."
In einer Zeit, in welcher der Begriff "Mystik" von philosophisch-wissenschaftlicher Seite für "entbehrlich" und "eher schädlich" gehalten wird, ist Andreas Gaugers Werk nicht nur eine "Grund"-legende Arbeit zur Zukunft des philosophischen Denkens, sondern auch ein leidenschaftlicher Durchbruch zum "Grund" aller Wissenschaft und aller wahrhaft "Ewigen Philo-Sophie" als "immerwährendes Streben nach Weisheit" und "ewige Liebe zur Weisheit". Einem dem Text vorangestellten Epigramm lässt sich entnehmen, dass der Autor von dem inspiriert und geleitet wird, was traditionell als "Die Große Erfahrung" bekannt ist. Der gedankliche und seelische Reichtum, der aus dieser Quelle in das Werk einfließt, lässt sich kaum beschreiben: allein die überaus dichten, die Weisheit der Weltkulturen durchdringenden Querverweise und Zitate, mit denen Gauger den kühnen Entwurf seiner "Philo-Sophia perennis" begleitet, machen das Werk zu einem veritablen Schatzhaus.
Der zweite, demnächst erscheinende Band der gepanten Trilogie ist, wie der Autor ankündigt, Jacob Böhme gewidmet, "als ein Gleichnis und Beispiel für einen Denker, der Inhalt und Wesen der Philo-Sophia praktisch, denkerisch und intuitiv erfasst und mit seinen (natürlich zeitbedingten) Mitteln zur Sprache gebracht hat. Er spricht und denkt nicht nur 'sensualisch', sondern auch 'mentalisch' und/oder 'natursprachlich' und überdies 'englisch' – d. h. in einer dem Wesen der Philo-Sophia sehr nahekommenden Sprache."
Man möchte Gaugers grundlegendem Werk viele Leser wünschen, vor allem aus gegenwärtigen philosophisch-wissenschaftlichen Kreisen. Aber der Autor ist sich der Sonderstellung seiner Arbeit bewusst – nicht umsonst zitiert er am Anfang seines Textes in den "Philo-Sophischen Sätzen zur einführenden Meditation" das Wort René Descartes': "So will ich denn … die Grundlagen der gesamten Metaphysik behandeln. Ich erwarte dabei weder den Beifall der Menge, noch eine große Zahl von Lesern; denn ich schreibe nur für solche, die ernstlich mit mir nachdenken, … und deren gibt es, wie ich wohl weiß, nur wenige." Es wird Einzelnen – und kommenden Lesern und Weisheitsuchenden – vorbehalten bleiben, den Reichtum der wegweisenden "trans-rationalen" Arbeit Andreas Gaugers als philo-sophischen "Quellbrunnen" zu erkennen und zu würdigen.
Ronald Steckel, im November 2019