Die Stadt hatte Glück oder die guten Geister Jacob Böhmes haben sie beschützt. Im Nachhinein ist es kaum nachvollziehbar, dass die ehemalige steinreiche Stadt den 2. Weltkrieg fast unbeschadet überstanden hat. Zwar gab es in den ersten Wochen 1945 Bombenabwürfe, aber größere Schäden blieben aus. So besitzt sie heute einen der größten geschlossenen Altstadtkomplexe in Deutschland, die ihre Geschichte bis ins späte Mittelalter baulich dokumentieren kann. Deshalb kommen viele Menschen aus aller Welt hierher. Der Tourismus ist eine der wichtigsten Einnahmequellen der Stadt. Über 300.000 Übernachtungen gab es im letzten Jahr.
Von der ehemaligen Großstadt mit national wichtiger Schwerindustrie ist nicht mehr viel geblieben. Der Versuch, in der DDR, die Industriekerne zu erhalten, war am Ende auch nicht erfolgreich. Was dem Krieg nicht gelang, der Stadt nachhaltige Zerstörungen zuzufügen, schaffte fast der DDR-Staat. Die Bausubstanz war 1989 so marode, dass über einen fächendeckenden Abriss nachgedacht wurde. Die Wende verhinderte dies. Als seit 1995 der Millionen-Erbe des Schokoladen-Imperiums Thomas Sprengel (der sich nie öffentlich dazu bekannt hat) – bis 2016 jedes Jahr eine Million D-Mark, insgesamt 11 Millionen Euro, spendete – ging die Renovierung zügig vonstatten. Görlitz hat ein eigenes Autokennzeichen GR, ein schönes Drei-Sparten-Theater und erfreut sich eines regen Interesses. Etwa 55.000 Menschen leben heute hier. Um die Jahrhundertwende zum 20. Jhdt. waren es einmal 100.00. Doch die Abwanderung scheint gestoppt. Noch vor wenigen Jahren kostete hier der Quadratmeter für eine Eigentumswohung aus der Gründerzeit 1500 Euro.
1992 wurde Görlitz durch die Gründung der Hochschule Zittau/Görlitz Uni-Stadt. 2015 waren 2.932 Studenten in 33 Studiengängen immatrikuliert. U.a. kann man hier Sprach- und Kulturwissenschaften studieren. Ein ideales Feld, um sich mit Jacob Böhme zu beschäftigen. Soweit ist es bisher leider noch nicht gekommen.
Dass die Hochschule für Kirchenmusik 2008 von der evanglische Kirche geschlossen wurde, ist ein Verlust für die Stadtkultur, der bis heute nicht ersetzt werden konnte.
Jacob Böhme ist in der Stadt (noch) nicht sehr präsent. Das soll sich ändern, wenn in einigen Jahren in der Dreifaltigkeitskirche auf dem Görlitzer Obermarkt das Jacob-Böhme-Zentrum entsteht und die beiden Jubiläumsjahre 2024 und 2025 Görlitz zum Leuchten bringen soll.
Reiner Schweinfurth
Über Jacob Böhme und Görlitz informiert auch die offizielle Homepage der Stadt. Weiterlesen