Die DDR tat sich schwer mit Jacob Böhme. Wieder bedurfte es eines Gedenkjahres für einen erneuten Anlauf. 1974 richtete die Stadt Görlitz gemeinsam mit der Akademie der Wissenschaften der DDR eine Arbeitstagung aus, die den missglückten, weil einseitig orientierten Versuch unternahm, Jacob Böhme in die Ideologie der DDR einzupassen. In dem damals in der Schriftenreihe des Ratsarchivs erschienenen Protokollband ist die mühsame Rechtfertigung nachzulesen:
„... in der Einheit von einem zum Materialismus tendierenden Pantheismus und Dialektik, deren Zentrum eine humanistische, mit demokratischen Gleichheitsvorstellungen verbundene Auffassung vom Menschen war, die ihrerseits – objektiv – ein Moment des Kampfes gegen die feudale Ausbeutergesellschaft darstellte, ist Böhme von Bedeutung für das progressive philosophische Denken geworden.“ (Aus dem Beitrag von G. Bartsch, Die Bedeutung Jacob Böhmes für die Entwicklung der Philosophie).
Die Eröffnungsansprache des Oberbürgermeisters Werner Dietrich fordert „... philosophische Grundlagenforschung. Wir betrachten es aber darüber hinaus als unser Anliegen, eben dieses progressive Erbe der Weltkultur der Arbeiterklasse und allen anderen Werktätigen zugänglich zu machen.“ (S.8) "Und das heißt, daß diese Tagung einerseits in der Erweiterung unseres geistigen Volkseigentums in unserer Republik neue Kenntnisse und Erkenntnisse ausstrahlen soll, wie auch andererseits den progressiven Gehalt in Jakob Böhmes Gedankengut in unserem marxistisch-leninistischen Geschichts- und Weltbild im Sinne Hegels aufzuheben.“ (S.8f.)
Dank an Günther Bonheim für einige Hinweise, auch an Klaus Weingarten, der zu den Feiern 1924 und 1974 in der Herbstausgabe der Magischen Blätter 2023 weiteres Material zusammentragen wird.
Neben dem erwähnten „Protokollband“ der Tagung 1974 entstand die Biographie über Jacob Böhme von Ernst Heinz Lemper, herausgegeben 1976. Sie enthält einige weitere Tatsachen und Umstände zu Jacob Böhmes Leben und das seines Umkreises. Es ist damit die jüngste Biographie, die wir haben. Die Lebensdarstellung von Gerhard Wehr im Rowohlt-Verlag stammt von 1972. Zur Zeit gibt es keine Biographie zu Jacob Böhme im Buchhandel.
Jacob-Böhme-Symposium. Görlitz, 15. und 16. November 1974. Veranstaltet vom Rat der Stadt Görlitz und vom Zentralinstitut für Philosophie der AdW der DDR. Protokollband. Hg.: Rat der Stadt Görlitz. Görlitz, 1977. (Schriftenreihe des Ratsarchivs der Stadt Görlitz, Bd. 8). Der „Protokollband“ der Tagung von 1974 enthält diese Beiträge:
Mehr lesenDass Jacob Böhme in den 1970er Jahren kaum eine Rolle in Görlitz spielte, zeigt auch das Heft 16 der Schriftenreihe der Städtischen Kunstsammlungen Görlitz, das 1980 in zweiter Auflage erschien.
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